GOING BACK IN TIMES …
Das Kulturforum Brackenheim e.V. wurde am 3. Februar 1991 von 19 Kulturinteressierten gegründet.
Die Gründungsversammlung fand in der Gaststätte „Distel am Markt“ in Brackenheim statt. Ein Großteil der Gründungsmitglieder ging aus dem selbstverwalteten Jugendhaus Kultur- & Jugendzentrum Brackenheim e.V. hervor.
Bereits unter dem Dach des Jugendhauses hatte man den Arbeitskreis „Kulturtreff“ geschaffen, der Veranstaltungen aus jenen Kunstgattungen präsentierte, die später allgemein als ‚Kleinkunst‘ bezeichnet wurden. Schon damals hatte man hochkarätige Künstler zu Gast, die meist in der alten Brackenheimer Stadthalle auftraten: Die Kleine Tierschau, Ralph McTell, Eisi Gulp, Le Clou, Colin Wilkie, Luther Allison, Werner Lämmerhirt, Liederjan, Bill Ramsey, Jule Neigel etc.
Die Aktiven waren allerdings langsam in die Jahre gekommen, um ihre Arbeit unter dem Kultur- & Jugendzentrum Brackenheim e.V. fortzuführen. Zum einen gab es immer mehr Interessenkonflikte mit den jüngeren Jugendhausbetreibern (und für die war das Jugendhaus ja eigentlich konzipiert) und zum anderen sprach das Programm des Kulturtreffs eine weitaus breitere Publikumsschicht an als diejenige, die bereit war, letztendlich eine Veranstaltung eines Jugendhauses zu besuchen (Stichwort: Schwellenangst).
Hinzu kam, dass sich das Genre „Kleinkunst“ langsam zu einer eigenen Kunstgattung mauserte, sich professionalisierte und in immer attraktiveren Spielstätten und Theatern Einzug hielt. Die Verbindung Kleinkunst und entsprechende Präsentation in einem angemessenen Rahmen wurde immer wichtiger, wenn man breitere Publikumsschichten erschließen wollte.
Aber auch, dass in vielen (auch privaten) TV-Sendern immer mehr exzellente Kleinkunstsendungen zu sehen waren, die dem Publikum bislang unbekannte Künstler von hoher Qualität vorstellten. Die TV-Präsenz beschränkte sich bislang ja ausschließlich auf das Wort-Kabarett in Form des „Scheibenwischers“ und vereinzelt der Münchner Lach- und Schießgesellschaft oder der Berliner Wühlmäuse.
Fast vergessen ist heute Bill Ramseys „Show ohne Schuh“, die den musikalischen Teil des Genres abdeckte.Der Verein wollte die gesamte Bandbreite der Kleinkunst aufzeigen und diese in einem entsprechenden Rahmen präsentieren.
Zunächst musste aber die alte Brackenheimer Stadthalle „bespielbar“ gemacht werden, die sich in einem bedauernswerten Zustand befand. Dafür richtete man im Verein einst speziell eine Deko-AG ein …
Wunsch(t)raum war und blieb jedoch weiterhin eine eigene, feste Spielstätte.
Wer letztendlich auf die „Kapelle“ im Brackenheimer Schloss kam, weiß heute niemand mehr genau. Der Raum diente uns bei den Schlosshof-Open-Air-Konzerten des Kulturtreff als Lager und eine Art Künstlergarderobe. Irgendwann stand man nach Beendigung des Open Air in diesem Raum und fand, dass er für eine Kleinkunstbühne eigentlich optimal wäre. Größe, Lage, Räumlichkeiten etc. – eigentlich passte alles zusammen. Außerdem war er ungenutzt und diente nur als Abstellraum für unglaublich viel nutzlosen Tand.
Wir holten Informationen ein und erfuhren, dass der Raum im Brackenheimer Schloss (dem einstigen Witwensitz der Herzöge
von Württemberg) schon jeher als „Kapelle“ vorgesehen war, es aber aufgrund mangelnder finanzieller Mittel bereits damals schon nicht zum Ausbau zur Kapelle gekommen war. Einige hundert Jahre später sollte es nicht wieder am Geld scheitern, obwohl finanzielle Mittel in Gemeinde und Land nur in „homöopathischen Dosierungen“ vorhanden waren. Außerdem stand mit dem geplanten Neubau des Bürgerzentrum Brackenheim ein Vorhaben der Stadt auf dem Plan, das gewiss wenig Raum ließ, eine „weitere Baustelle“ zu eröffnen.
Dennoch: Eine Kleinkunstbühne, die auch noch den Namen „Kapelle im Schloss“ trug, war genau das, was den Gründungs-mitgliedern unter „Flair“ und „Atmosphäre“ vorschwebte.
Mit unglaublicher Energie ging man damals ans Werk: Planung, Ausstattung, Nutzungskonzepte und vor allem „fund raising“ – kaum ein Zuschusstopf, der nicht versucht wurde zu öffnen. Zahlreiche Präsentationen im Gemeinderat, Öffentlichkeitsarbeit (mit großer Hilfe der Heilbronner Stimme), Gespräche, Diskussionen etc.
Nebenher liefen die Veranstaltungen in der alten Brackenheimer Stadthalle weiter und so illustre Namen wie Giora Feidman, Sissi Perlinger, die Biermösl Blosn, The Five Blind Boys of Alabama, Stefan Wald etc. sorgten nicht nur für ein überwältigendes Publikumsinteresse, sondern bescherten der Stadt Brackenheim auch den Ruf einer „Kulturgemeinde“, der innerhalb kurzer Zeit überregional ausstrahlte.
Als es dem Verein gelang, über 50 % der Umbaukosten für die Kapelle im Schloss über Zuschüsse beizuschaffen, stimmte der Gemeinderat dem ehrgeizigen Projekt zu.
Am 15. September 1994 wurde die Kleinkunstbühne „Kapelle im Schloss Brackenheim“ offiziell eröffnet.
Sicher – es war ein mutiger Beschluss und schon gar nicht eine Selbstverständlichkeit. Aber der Mut der Stadt Brackenheim wurde belohnt. Kultur ist ein exzellenter Werbeträger für jede Gemeinde, und Brackenheim war allen anderen die entscheidende Nasenlänge voraus.
Denn als später in umliegenden Gemeinden kulturelle Einrichtungen wie Pilze aus dem Boden schossen, hatte sich das Kulturforum Brackenheim e.V. mit seiner eigenen Spielstätte bereits etabliert. Ein Vorsprung, dessen Wert kaum einzuschätzen, schwerlich einzuholen ist und der zunehmende Konkurrenz auch nicht fürchten muss. Und während vergleichbare Initiativen immer mehr unter den leeren finanziellen Kassen und Publikumsrückgang leiden, weist das Kulturforum Brackenheim weiterhin eine ausgezeichnete Auslastung auf. Natürlich stehen hinter diesem Erfolg eine Menge hoch motivierter, ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen, die „ihren Job“ zwar in ihrer Freizeit, aber dennoch hoch professionell ausführen.
So lange das „Feuer in ihnen brennt“, werden sie keine Mühen und Anstrengungen scheuen, ein ambitioniertes Kulturprogramm in Brackenheim zu präsentieren.